Unlo­gi­sche Lektion

Ein Kom­men­tar

Weil Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te der Par­tei „Die Lin­ke“ mit­tels einer Klei­nen Anfra­ge von der Bun­des­re­gie­rung wis­sen woll­ten, wes­halb die „jun­ge Welt“ als ein­zi­ge Tages­zei­tung regel­mä­ßig im Ver­fas­sungs­schutz­be­richt erwähnt wird, erteil­te die Staats­macht eine denk­wür­di­ge Ant­wort: Dass die „jun­ge Welt“ vom Ver­fas­sungs­schutz beob­ach­tet wird, hat laut Staats­ge­walt sei­nen Grund im „revo­lu­tio­nä­ren Mar­xis­mus », den die Zei­tung ver­tre­te. Denn der revo­lu­tio­nä­re Mar­xis­mus rich­te sich gegen Grund­prin­zi­pi­en der frei­heit­lich demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung. Der Men­schen­wür­de, die hier­zu­lan­de ver­fas­sungs­mä­ßig garan­tiert sei, wider­spre­che bei­spiels­wei­se „die Auf­tei­lung einer Gesell­schaft nach dem Merk­mal der pro­duk­ti­ons­ori­en­tier­ten Klas­sen­zu­ge­hö­rig­keit ». Da der ein­zel­ne Mensch „als grund­sätz­lich frei zu behan­deln » sei, dür­fe die mar­xis­ti­sche Klas­sen­theo­rie nicht kon­sta­tie­ren, dass der Mensch in der kapi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons­wei­se zum „blo­ßen Objekt » degra­diert werde.

Der­ge­stalt ver­ab­reicht die Staats­ge­walt ihren Staats­bür­gern eine ideo­lo­gi­sche Lek­ti­on, deren Unlo­gik zum Nach­den­ken ver­an­las­sen könn­te: Nicht die Exis­tenz von Klas­sen in der kapi­ta­lis­ti­schen Gesell­schaft wider­spricht der „Men­schen­wür­de », son­dern die Benen­nung die­ses üblen Fak­t­ums. Um das Nach­den­ken über die unlo­gi­sche Lek­ti­on des Staats­ap­pa­ra­tes in Sachen mar­xis­ti­sche Klas­sen­theo­rie zu beför­dern, sei dar­an erin­nert, dass das Ziel des revo­lu­tio­nä­ren Mar­xis­mus die klas­sen­lo­se Gesell­schaft ist. Klas­sen­los aber kann die Gesell­schaft erst dann wer­den, wenn die kapi­ta­lis­ti­sche Pro­duk­ti­ons­wei­se über­wun­den wird. Die kapi­ta­lis­ti­sche Pro­duk­ti­ons­wei­se näm­lich ist es, wel­che die Gesell­schaft in Pro­duk­ti­ons­mit­tel­be­sit­zer und Arbeits­kraft­be­sit­zer „auf­teilt », damit die Pro­duk­ti­ons­mit­tel­be­sit­zer ihr Geld ver­meh­ren kön­nen, indem sie die Arbeits­kraft­be­sit­zer bei der Pro­duk­ti­on von Waren und Dienst­leis­tun­gen als „Human­ka­pi­tal » vernutzen

Franz Anger