Zwei Drit­tel für den Krieg

Bun­des­tag beschließt unbe­grenz­te Kriegskredite

Kei­ne Sit­zung, eine Far­ce war es, als der abge­wähl­te Bun­des­tag am Diens­tag zusam­men­trat, um über die unbe­grenz­ten Kriegs­kre­di­te und das soge­nann­te „Son­der­ver­mö­gen“ in Höhe von 500 Mil­li­ar­den Euro zu bera­ten. Der von CDU und SPD ein­ge­brach­te Gesetz­ent­wurf zur Ände­rung des Grund­ge­set­zes wur­de direkt nach­ein­an­der in zwei­ter und drit­ter Lesung ver­han­delt und dann mit der not­wen­di­gen Zwei­drit­tel­mehr­heit von CDU, SPD und Grü­nen durchgepeitscht.

Der Beschluss über das größ­te Auf­rüs­tungs­pro­gramm in der bun­des­re­pu­bli­ka­ni­schen Geschich­te wur­de von einer bemer­kens­wert inhalts­lee­ren Debat­te beglei­tet. Aus­nah­men von den ewig glei­chen Hei­mat­front­phra­sen gab es nur wenige.

Die meis­ten Rede­bei­trä­ge dreh­ten sich um „Ver­ant­wor­tung“, um ein „star­kes Deutsch­land“ und „die rus­si­sche Bedro­hung“, die „immer tie­fer nach Euro­pa ein­greift“ (Thors­ten Frei, CDU). Dass das mit­tel­fris­ti­ge Ziel der Kre­di­te nicht nur in der Vor­be­rei­tung, son­dern auch im mög­lichst lan­gen Durch­hal­ten eines Krie­ges besteht, mach­te die Grü­nen-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de Brit­ta Haßel­mann deut­lich: „Machen Sie doch den Men­schen nicht weis, hier gin­ge es nur um Auf­rüs­tung und um Stär­kung der Bun­des­wehr. Es geht auch um den Zivil­schutz.“ Ihre Frak­ti­ons­kol­le­gin Fran­zis­ka Brant­ner assis­tier­te mit einer ganz neu­en Form von Bewun­de­rung: „Herr Merz, das könn­te für Sie ein Ade­nau­er-Moment sein.“

Direkt nach der Sit­zung wur­den die Grü­nen für ihre Freund­lich­keit belohnt und der Rest der Welt bestraft. Die Bun­des­re­gie­rung kün­dig­te an, die auf allen Ebe­nen geschei­ter­te Außen­mi­nis­te­rin Anna­le­na Baer­bock als Prä­si­den­tin der Voll­ver­samm­lung der Ver­ein­ten Natio­nen vor­schla­gen zu wollen.

„SPD und Grü­ne, Sie bie­dern sich für ein paar Sil­ber­lin­ge erfüll­ter Wün­sche die­ser Untat, der gigan­tischs­ten Auf­rüs­tung an, die die­ses Land je gese­hen hat“, kri­ti­sier­te der Grup­pen­vor­sit­zen­de Sören Pell­mann („Die Lin­ke“) in sei­ner Rede. Fried­rich Merz (CDU) bezeich­ne­te er als „poli­ti­schen Hasar­deur, der ein gan­zes Land im demo­kra­tisch mehr als frag­wür­di­gen Schweins­ga­lopp an der Nase her­um­führt“. Die Rede, die auch die mit der Auf­rüs­tung ver­bun­de­nen Angrif­fe auf den Sozi­al­staat benann­te, ende­te mit einer Inter­ven­ti­on der erz­re­ak­tio­nä­ren Bea­trix von Storch (AfD). Sie frag­te Pell­mann, war­um „Die Lin­ke“ nicht alles ver­sucht habe, um die­se Sit­zung zu ver­hin­dern, und ob die Lan­des­re­gie­run­gen, an denen sei­ne Par­tei betei­ligt ist, im Bun­des­rat mit einem kla­ren „Nein“ stim­men wer­den. Pell­mann ver­wies auf die Vor­be­ra­tun­gen im Ältes­ten­rat, das Urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­rich­tes und einen von Bun­des­tags­prä­si­den­tin Bär­bel Bas erteil­ten Hin­weis zur Aus­le­gung des Grund­ge­set­zes. Eine poli­ti­sche Ant­wort fand er nicht. Wie die Regie­run­gen in Bre­men und Meck­len­burg-Vor­pom­mern abstim­men wer­den, wis­se er nicht. Zumin­dest der „Weser-Kurier“ hat­te zu die­sem Zeit­punkt schon ver­kün­det, dass ein „Ja“ der Bre­mer Lan­des­re­gie­rung als sicher gelte.

„Ein mög­li­cher Kanz­ler, der so beginnt wie Sie, Herr Merz, da möch­te man sich gar nicht aus­ma­len, wie der enden wird. Kriegs­kre­di­te mit Kli­ma­sie­gel, dar­auf muss man erst mal kom­men“, spiel­te etwas spä­ter Sahra Wagen­knecht (BSW) auf den Deal an, den SPD und CDU mit den Grü­nen geschlos­sen hat­ten. Im Gegen­zug zur Zustim­mung zu den Kriegs­kre­di­ten wur­de das Ziel der Kli­ma­neu­tra­li­tät im Grund­ge­setz ver­an­kert und 100 Mil­li­ar­den Euro des „Son­der­ver­mö­gens“ für den „Kli­ma­fonds“ reser­viert, der in der Ver­gan­gen­heit zur Finan­zie­rung aller mög­li­chen Sub­ven­tio­nen dien­te. Kli­ma­schutz mit Pan­zern und Kampf­jets? Wagen­knecht: „Die Absur­di­tät die­ses Kom­pro­mis­ses, die ihnen noch nicht mal bewusst zu sein scheint“, sei ein Sinn­bild für die der­zei­ti­ge Poli­tik. „Völ­lig egal, ob im Ergeb­nis noch mehr alte Men­schen in Armut leben wer­den. Völ­lig egal, ob noch mehr Unter­neh­men plei­te­ge­hen oder noch mehr Fami­li­en an Geld­sor­gen zer­bre­chen. Haupt­sa­che man hat sich geei­nigt und sei es auf den größ­ten Schwachsinn.“

Nach Wagen­knechts Rede hiel­ten die Abge­ord­ne­ten des BSW Schil­der hoch, mit denen sie eine Par­al­le­le zur Frei­ga­be der Kriegs­kre­di­te im Jahr 1914 zogen. Sit­zungs­prä­si­den­tin Petra Pau („Die Lin­ke“) erteil­te umge­hend einen Ord­nungs­ruf und droh­te indi­rekt mit dem Raus­wurf der BSW-Grup­pe. Die Pla­ka­te wur­den wie­der ein­ge­packt und das BSW blieb. Auf das Ergeb­nis hat­te die Akti­on kei­ne Aus­wir­kun­gen. Für einen Antrag des BSW, in dem die Bun­des­re­gie­rung unter ande­rem dazu auf­ge­for­dert wur­de, sich gegen das 800-Mil­li­ar­den-Euro-Rüs­tungs­pa­ket der EU zu stel­len, die Waf­fen­lie­fe­run­gen an die Ukrai­ne zu been­den und fried­li­che Bezie­hun­gen zu den Groß­mäch­ten auf­zu­bau­en, stimm­ten nur drei Abge­ord­ne­te der Links­frak­ti­on und das BSW. Der Rest der „Lin­ken“ sowie alle ande­ren Frak­tio­nen lehn­ten den Frie­dens­vor­stoß ab.

Nach­dem die Zwei­drit­tel­mehr­heit für die Grund­ge­setz­än­de­rung deut­lich über­trof­fen wur­de, herrsch­te Erleich­te­rung unter den Kriegs­trei­bern im Ple­num. Die Kriegs­kre­di­te sind beschlos­sen. Der Kampf um den Frie­den geht in eine neue Phase.

Vin­cent Czies­la UZ vom 21. März 2025