Staats­dien­li­che Vergangenheitsbewältigung

Erklä­rung der DKP Rhein-Kreis Neuss zum Kriegs­en­de am 8. Mai 1945

Dass sich das sowje­ti­sche Ehren­grab auf dem Neus­ser Haupt­fried­hof noch kürz­lich in einem unge­pfleg­ten Zustand befand, sym­bo­li­siert den herr­schen­den Umgang mit dem Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges, der durch Ver­nach­läs­si­gung der his­to­ri­schen Fak­ten geprägt ist. Ange­legt wur­de das Mas­sen­grab einst, um eine Gedenk­stät­te zu errich­ten für 341 Män­ner, Frau­en und Kin­der aus der Sowjet­uni­on, Polen, Jugo­sla­wi­en, Grie­chen­land und der Tsche­cho­slo­wa­kei, die zumeist als Zwangs­ar­bei­ter nach Deutsch­land ver­schleppt wor­den waren und der­ge­stalt zu Opfern des Hit­ler­fa­schis­mus wur­den, die man nicht ver­ges­sen sollte.

Durch Geschichts­ver­ges­sen­heit bestimmt war der geschichts­po­li­ti­sche Umgang mit dem 8. Mai des Jah­res 1945 nicht immer. Wäh­rend er in der sozia­lis­ti­schen DDR stets als Tag der Befrei­ung vom Hit­ler­fa­schis­mus gefei­ert wur­de, betrau­er­te man ihn in der kapi­ta­lis­ti­schen BRD lan­ge Zeit als Tag der Nie­der­la­ge Deutsch­lands. Grund­sätz­lich änder­te die bun­des­deut­sche Geschichts­po­li­tik sich erst 1985, als der amtie­ren­de Bun­des­prä­si­dent von Weiz­sä­cker den 8. Mai als „Tag der Befrei­ung von dem men­schen­ver­ach­ten­den Sys­tem der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Gewalt­herr­schaft“ bezeichnete.

Geschul­det ist der ideo­lo­gi­sche Para­dig­men­wech­sel der staats­po­li­ti­schen Stra­te­gie­än­de­rung vom Revan­chis­mus der Ade­nau­er­zeit zur Poli­tik der fried­li­chen Koexis­tenz, die bei­de auf den Anschluss der sozia­lis­ti­schen DDR an die kapi­ta­lis­ti­sche BRD ziel­ten. Nach­dem die DDR ange­schlos­sen wer­den konn­te und die Sowjet­uni­on zusam­men­ge­bro­chen war, wähn­te sich das Herr­schafts­per­so­nal der kapi­ta­lis­ti­schen Staa­ten des Wes­tens am Ende der Geschichte.

Gestört wird die­ser impe­ria­le Irr­glau­be aller­dings seit gerau­mer Zeit durch die öko­no­mi­sche Ent­wick­lung in Russ­land. Zunächst kapi­tu­lier­ten zwar die vor­ma­li­gen Kom­mu­nis­ten Gor­bat­schow und Jel­zin vorm kapi­ta­lis­ti­schen Sys­tem, indem sie die Sowjet­uni­on mit­samt der sozia­lis­ti­schen Waren­pro­duk­ti­on auf­lös­ten und Russ­land zu einem will­fäh­ri­gen Roh­stoff­lie­fe­ran­ten des waren­pro­du­zie­ren­den Kapi­ta­lis­mus mach­ten. Als aber Putin im Mai 2000 rus­si­scher Staats­prä­si­dent wur­de, ent­wi­ckel­te sich das kapi­ta­lis­ti­sche Russ­land zu einem unlieb­sa­men Kon­kur­ren­ten der eta­blier­ten kapi­ta­lis­ti­schen Staa­ten, da unter sei­ner Füh­rung eine eigen­stän­di­ge Ent­wick­lung der rus­si­schen Öko­no­mie ein­ge­lei­tet wurde.

DKP & NATO

Die markt­wirt­schafts­kon­for­me Auf­müp­fig­keit Russ­lands gegen­über den kapi­ta­lis­ti­schen Kon­kur­ren­ten namens USA, Deutsch­land und Kon­sor­ten stört die Pro­fit­ma­che­rei der Markt­wirt­schafts­un­ter­neh­men in die­sen Staa­ten so sehr, dass sie mit­tels einer aggres­si­ven Außen­po­li­tik gegen Russ­land vor­ge­hen. Dass ehe­ma­li­ge Sowjet­re­pu­bli­ken wie Est­land und ehe­ma­li­ge Ost­block­staa­ten wie Polen zu Mit­glie­dern des west­li­chen Kriegs­bünd­nis­ses namens NATO wur­den, gehört zu die­ser impe­ria­lis­ti­schen Poli­tik. Weil Russ­land durch die pro­fit­ge­trie­be­ne Ost­erwei­te­rung der NATO bedroht wird, wächst die Kriegs­ge­fahr. Wie groß die Kriegs­ge­fahr ist, zeigt sich dar­an, dass am 75. Jah­res­tag der Befrei­ung vom Hit­ler­fa­schis­mus nur des­halb nicht deut­sche Sol­da­ten im Rah­men des NATO-Manö­vers „Defen­der“ an der rus­si­schen Gren­ze den Krieg üben, weil die Coro­na-Pan­de­mie das verhindert.

Ver­rin­gert wer­den kann die Kriegs­ge­fahr ein wenig durch die Auf­ar­bei­tung der Geschich­te des Zwei­ten Welt­krie­ges ein­schließ­lich sei­nes Endes am 8. Mai 1945. Geleis­tet wer­den könn­te die Auf­ar­bei­tung bei­spiels­wei­se in Neus­ser Bil­dungs­ein­rich­tun­gen, wobei ein Besuch der Zwangs­ar­bei­ter-Gedenk­stät­te auf dem Haupt­fried­hof an der Rheyd­ter Stra­ße zur Ver­an­schau­li­chung die­nen kann. Dar­zu­le­gen wäre, dass der deut­sche Erobe­rungs- und Ver­nich­tungs­krieg vom faschis­ti­schen Staats­ap­pa­rat im Ein­klang mit dem kapi­ta­lis­ti­schen Unter­neh­mer­tum mit­tels der Wehr­macht so geführt wur­de, dass die ange­grif­fe­nen Staa­ten erbar­mungs­los zurück­schlu­gen. Dies dürf­te vor allem auf­klä­rend und zugleich abschre­ckend wir­ken auf die wacke­ren Staats­bür­ger, die glau­ben, dem­nächst für Deutsch­land als Vater­lands­ver­tei­di­ger ster­ben zu müs­sen, obgleich sie – gemäß den gül­ti­gen Ver­tei­di­gungs­po­li­ti­schen Richt­li­ni­en der Staats­ge­walt – für die kapi­ta­lis­ti­sche Pro­fit­ma­che­rei töten und getö­tet wer­den sollen.

Unser Kranz am sowje­ti­schen Ehrengrab

Nach­be­mer­kung: Weil sich eine Anti­fa­schis­tin unlängst bei der Stadt­ver­wal­tung wegen des üblen Zustan­des des sowje­ti­schen Ehren­gra­bes beschwert hat, ist Bes­se­rung ver­spro­chen und mitt­ler­wei­le rea­li­siert worden.