Mein Weg in die DKP

Durch mei­ne Mut­ter wur­de ich zu Hau­se schon sehr früh poli­ti­siert. Sie ist bis zu ihrem 12. Lebens­jahr in der DDR zur Schu­le gegan­gen und kam durch den Umzug ihrer Eltern in den Wes­ten. Sie war eine gute Schü­le­rin, woll­te immer Leh­re­rin wer­den, was ihr in der DDR sicher gelun­gen wäre, aber in der BRD erst­mal ver­wehrt wur­de. Sie bekam von ihren Eltern zu hören, das Stu­di­um wür­de sich nicht loh­nen, sie sei ein Mäd­chen und hei­ra­te eh.  Ihr Bru­der dage­gen wur­de Leh­rer! Sie erlern­te den Beruf Che­mo­tech­ni­ke­rin, bekam zwei Kin­der, ihr Mann ver­bot ihr zu arbei­ten. Als er sich für eine ande­re Frau ent­schied, konn­te sie in den erlern­ten Beruf nicht mehr zurück, aber erfüll­te sich den Traum vom Stu­di­um und wur­de Leh­re­rin für Bio­lo­gie und evan­ge­li­sche Religion.

Wir fuh­ren fast jede Feri­en gemein­sam in die DDR zum Wüns­dor­fer See. Mein Onkel arbei­te­te dort als Leh­rer und mei­ne Tan­te in der gegen­über lie­gen­der sowje­ti­scher Kaser­ne als tech­ni­sche Zeich­ne­rin. Auf der Tran­sit­stre­cke hör­ten wir im alten VW Käfer Arbei­ter­lie­der von Han­nes Wader. Die Aus­ein­an­der­set­zung mit den zwei unter­schied­li­chen Gesell­schafts­sys­te­men erleb­te ich durch soli­da­ri­sche Dis­kus­sio­nen mei­ner Mut­ter mit unse­ren Verwandten.

In der BRD kämpf­te mei­ne Mut­ter in der GEW für Arbeits­zeit­ver­kür­zung, setz­te sich für Migran­ten, für Frau­en im Neus­ser Abschie­be-Knast, gegen Faschis­mus und für Frau­en­rech­te ein. Auch half sie uns heim­lich mit Lebens­mit­teln und Haus­rat bei einer Haus­be­set­zung in Neuss. Sie tat dies alles trotz der stän­di­gen Gefahr eines Berufs­ver­bots, wel­ches für uns als Fami­lie exis­tenz­be­dro­hend gewe­sen wäre. Ein prä­gen­des Erleb­nis waren die gemein­sa­men Frie­dens­de­mos der Achtzigerjahre.

Als 1999 die Bun­des­re­pu­blik unter sozi­al­de­mo­kra­ti­scher-grü­ner Regie­rung sich an der Bom­bar­die­rung Jugo­sla­wi­ens betei­lig­te, war ich fas­sungs­los. Die Grü­nen hat­te ich als Frie­dens­par­tei gewählt! Dazu kam, dass vie­le Freun­de von mir auf die doch so offen­sicht­li­che Kriegs­pro­pa­gan­da hereinfielen.

In der Neus­ser Innen­statt orga­ni­sier­ten ein paar Freun­de Aktio­nen gegen den Jugo­sla­wi­en­krieg. Ich schloss mich Ihnen an und trat in die PDS ein. In der PDS gab es damals meh­re­re Freun­de mit Dop­pel­mit­glied­schaf­ten DKP/PDS, so dass ich damals die ers­ten Kon­tak­te mit der DKP knüpf­te. Dies gab mir die Mög­lich­keit, mit den Genos­sen und Genos­sin­nen inten­si­ve, oft auch kon­tro­ver­se Debat­ten zu füh­ren. Die DKP war für mich damals noch kei­ne Alter­na­ti­ve, denn ich ging davon aus, dass es für Ver­än­de­rung vor allem eine zah­len­mä­ßig star­ke Orga­ni­sa­ti­on brauche.

Ich schloss mich inner­halb der PDL der Kom­mu­nis­ti­schen Platt­form an und arbei­te­te aktiv auf kom­mu­nal­po­li­ti­scher Ebe­ne und in ver­schie­de­nen anti­fa­schis­ti­schen Bünd­nis­sen mit. Viel Zeit blieb mir, allein­er­zie­hend mit vier Kin­dern, für par­tei­po­li­ti­sche Arbeit ansons­ten nicht. Ich konn­te aber beob­ach­ten, wie die „roten Hal­te­li­ni­en“ in der PDL zuneh­mend auf­ge­weicht wur­den. In unse­rem Kreis­ver­band wur­de das Wort „Revo­lu­ti­on“ nicht ger­ne gehört. Mitt­ler­wei­le ist es mög­lich gewor­den, dass der Kreis­vor­sit­zen­de und Kreis­tags­mit­glie­der mit rech­ten Kräf­ten Frak­ti­ons­ge­mein­schaf­ten grün­den und dazu aus der Bun­des­tags­frak­ti­on Zustim­mung signa­li­siert wird. Befragt man Kan­di­da­ten vor Wah­len zu ihren poli­ti­schen Hal­tun­gen, wird einem dies übelgenommen.

Seit 2008 ging ich zu den Mit­glie­der­ver­samm­lun­gen der DKP, besuch­te das SDAJ-Fes­ti­val und das UZ-Fest. Dort erleb­te ich Par­tei­ar­beit, wie sie mei­ner Mei­nung nach sein soll: Bil­dungs­aben­de zu aktu­el­len wie his­to­ri­schen The­men und soli­da­ri­sche Dis­kus­sio­nen. Als ich 2014 das ers­te Mal das Avan­te-Fest der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei Por­tu­gals in Lis­sa­bon erleb­te, war ich beein­druckt, wie groß die inter­na­tio­na­le kom­mu­nis­ti­sche Bewe­gung ist. Ich beschloss, in die DKP ein­zu­tre­ten. Es soll­te aber noch eine gan­ze Zeit lang dau­ern, bis ich das konn­te. Nie­mand von den Genos­sin­nen und Genos­sen hat­te ein Bei­tritts­for­mu­lar bei sich. In der Neus­ser Orts­grup­pe konn­te ich im Juli 2014 dann Mit­glied der DKP werden.

Als ich Mit­glied der PDS wur­de, war der wesent­li­che Grund dafür ihr dama­li­ger Wider­stand gegen den Jugo­sla­wi­en­krieg. Inzwi­schen wer­den die frie­dens­po­li­ti­schen Posi­tio­nen von füh­ren­den Köp­fen der PDL immer wie­der in Fra­ge gestellt. In einer Par­tei, wo all dies im Zei­chen eines „welt­an­schau­li­chen Plu­ra­lis­mus“ mög­lich ist, habe ich die Befürch­tung, dass die Hal­tung zur Frie­dens­fra­ge einer Regie­rungs­be­tei­li­gung zum Opfer fal­len wird. Ich habe die Ein­sicht gewon­nen, dass die Stär­ke einer Orga­ni­sa­ti­on nicht nur dar­an zu mes­sen ist, wie ihr der­zei­ti­ge Mit­glie­der­stand ist. Die beson­de­re Stär­ke der DKP liegt in ihrer Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur, in der Ver­bin­dung von Dis­kus­si­on und ver­bind­li­chem Mehr­heits­be­schluss (Demo­kra­ti­scher Zen­tra­lis­mus) sowie in ihrer Ori­en­tie­rung an Marx, Engels und Lenin.

Swant­je Höhne