Rebel­li­sches Wunschdenken

Ein Kom­men­tar

Dass die Initia­ti­ve „Zero Covid“ auch die Betrie­be dicht­ma­chen will, um die Coro­na­pan­de­mie zu bekämp­fen, miss­fällt einem Herrn namens Cle­mens Fuest. Da die „Volks­wirt­schaft“ nicht kol­la­bie­ren dür­fe, soll­ten die Betrie­be offen blei­ben – ins­be­son­de­re jene, „in denen die Anste­ckungs­zah­len im Ver­hält­nis zur Wert­schöp­fung gering sind“. Die­ses markt­kon­for­me und zugleich gesund­heits­ge­fähr­den­de Enga­ge­ment für die „Wert­schöp­fung“ hat sei­nen Grund dar­in, dass Herr Fuest Herr­schafts­be­ra­ter ist. Als Lei­ter des Insti­tuts für Wirt­schafts­for­schung (ifo) an der Uni­ver­si­tät Mün­chen berät er mit mis­sio­na­ri­schem Eifer das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um, damit der Staats­ap­pa­rat die poli­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen für die öko­no­mi­sche Pro­fit­ma­xi­mie­rung der Markt­wirt­schafts­un­ter­neh­men sichert.

Aller­dings scheint der mis­sio­na­ri­sche Eifer die Wahr­neh­mungs­fä­hig­keit des Herr­schafts­be­ra­ters zu beein­träch­ti­gen. Denn die Initia­ti­ve „Zero Covid“ weiß durch­aus, wie das Kol­la­bie­ren der „Volks­wirt­schaft“ zu ver­hin­dern wäre. Die Schlie­ßung der Betrie­be und die damit ver­bun­de­ne „umfas­sen­de Arbeits­pau­se“ sol­len finan­ziert wer­den, indem eine „Covid-Soli­da­ri­täts­ab­ga­be“ erho­ben wird, und zwar auf „hohe Ver­mö­gen, Unter­neh­mens­ge­win­ne, Finanz­trans­ak­tio­nen und die höchs­ten Ein­kom­men“. Mög­lich sei­en so Maß­nah­men, die nicht nur auf die Frei­zeit kon­zen­triert sind, son­dern auch die Arbeits­zeit ein­be­zie­hen: „Wir müs­sen die gesell­schaft­lich nicht drin­gend erfor­der­li­chen Berei­che der Wirt­schaft für eine kur­ze Zeit still­le­gen. Fabri­ken, Büros, Betrie­be, Bau­stel­len, Schu­len müs­sen geschlos­sen und die Arbeits­pflicht aus­ge­setzt wer­den.“ Die­se Pau­se habe so lan­ge zu dau­ern, bis die Zahl der Neu­an­ste­ckun­gen auf Null redu­ziert ist.

Erkämpft wer­den müs­se der „radi­ka­le Stra­te­gie­wech­sel“ in Sachen Gesund­heits­schutz gegen „kurz­fris­ti­ge Pro­fit­in­ter­es­sen“, schrei­ben die  Leu­te von „Zero Covid“ in ihrer Erklä­rung, mit­tels derer sie auch an poli­ti­sche „Ent­schei­dungs­trä­ge­rIn­nen“ appel­lie­ren. Nichts vom Kampf gegen kurz­fris­ti­ge Pro­fit­in­ter­es­sen will Huber­tus Heil wis­sen, der als Bun­des­ar­beits­mi­nis­ter zu den Adres­sa­ten des Appells gehört. Dass er alles tun will, „um zu ver­hin­dern, dass wir die gan­ze Wirt­schaft her­un­ter­fah­ren müs­sen“, ver­weist auf ein Dilem­ma: Die Pro­fit­ma­che­rei aus­zu­set­zen, ohne das markt­wirt­schaft­li­che Pro­fit­sys­tem zu besei­ti­gen, ist ein from­mer Wunsch, der gleich­wohl  gegen die kapi­ta­lis­ti­sche Pro­duk­ti­ons­wei­se rebel­liert. Übri­gens: Die Coro­na-Todes­ra­te pro 1 Mil­li­on Ein­woh­ner liegt am 31. Janu­ar 2021 im kapi­ta­lis­ti­schen Markt­wirt­schafts­deutsch­land bei 684 Men­schen, woge­gen es – dank der dor­ti­gen Plan­wirt­schaft – im sozia­lis­ti­schen Kuba ledig­lich 19 sind.

Franz Anger

#Zero­Co­vid – Das Ziel heißt Null Infek­tio­nen! Für einen soli­da­ri­schen euro­päi­schen Shut­down. (zero​-covid​.org)